Richtgeschwindigkeit Autobahn PKW

Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen – Mithaftung bei Überschreiten?

Die Debatte um das Thema „Richtgeschwindigkeit auf Autobahn“ geht seit Jahrzehnten unvermindert weiter. Neben den sicherheitsrelevanten und ökologischen Argumenten spielen auch rechtliche Aspekte eine wichtige Rolle. In diesem Artikel sollen die wesentlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen und Entwicklungen im Zusammenhang mit der Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen betrachtet werden.

Richtgeschwindigkeit auf Autobahn – Tempolimit

Wer hätte das gedacht. Nur in Deutschland gilt auf Autobahnen kein generelles Tempolimit.Das bedeutet, wenn keine Geschwindigkeitsbeschränkung durch ein Schild oder eine elektronische Anzeige signalisiert wird, ist man als Verkehrsteilnehmer berechtigt so schnell zu fahren wie man möchte bzw. kann.

Das ist nicht immer ungefährlich, zumal viele das ebenfalls geltende Rechtsfahrgebot entweder nicht kennen oder bewusst ignorieren und auch beim Spurwechsel die gebotene Sorgfalt nicht selten vermissen lassen.

Das führt dann dazu, dass die schnelleren Verkehrsteilnehmer auf der linken Spur fahren, während die Langsamfahrer sich gern in der Mittelspur aufhalten die anderen noch langsamer fahrenden Mittelspurblockierer überholen, ohne den Verkehr auf der linken Spur zu beobachten.

Nähert sich nun auf einer freigegebenen Strecke in der linken Spur von hinten ein entsprechend schnell fahrendes Fahrzeug, während der in der Mittelspur Fahrende ohne auf den rückwärtigen Verkehr zu achten, zum Überholen ansetzt, ist ein Unfall vorprogrammiert.

Straßenverkehrsgesetz (StVG) bei der Richtgeschwindigkeit

Als zentrale Rechtsgrundlage für das Straßenverkehrsrecht in Deutschland fungiert das Straßenverkehrsgesetz (StVG). In § 3 Abs. 1 StVG wird die allgemeine Richtgeschwindigkeit außerorts auf 130 km/h festgelegt. Jedoch gilt auf Autobahnen grundsätzlich keine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung, da diese als Kraftfahrstraßen ohne Geschwindigkeitsbegrenzung gelten.

Empfehlungen des Bundesverkehrsministeriums:

Das Bundesverkehrsministerium gibt regelmäßig Empfehlungen zur Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen ab. So empfiehlt es aktuell eine maximale Geschwindigkeit von 130 km/h, was allerdings nicht generell gesetzlich verpflichtend ist. Diese Empfehlung basiert auf sicherheits- und umweltrelevanten Überlegungen.

Richtgeschwindigkeit und Ausnahmen bei Tempolimits

Auf Autobahnen können jedoch aufgrund von § 41 Abs. 1 StVG Ausnahmen von der generellen Geschwindigkeitsfreiheit gemacht werden. Dies ist beispielsweise in Gebieten mit erhöhter Unfallgefahr, starken Verkehrsaufkommen oder Baustellen der Fall. Hierzu werden temporäre oder dauerhafte Tempolimits eingerichtet, die aufgrund ihrer Sicherheitsrelevanz als Verwaltungsakte gesetzlich verpflichtend sind.

Rechtsentwicklungen und Diskussionen

Die Diskussion um die Einführung einer generellen Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen setzt sich fort, wobei sich die politische Landschaft darüber uneins ist. Während einige Parteien eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung als Sicherheitsmaßnahme befürworten, lehnen andere dies ab und berufen sich auf die individuelle Verantwortung der Verkehrsteilnehmer.

Die Entwicklung und Änderung des rechtlichen Rahmens zur Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen wird sich somit weiterhin an politischen Diskussionen und gesellschaftlichen Meinungen orientieren, wobei neben den rechtlichen Aspekten auch die Bedeutung von Sicherheit und Umweltschutz zu berücksichtigen sind.

Kam es früher zu so einem Unfall auf der Autobahn, bei dem der Geschädigte auf einer freigegebenen Strecke schneller als 130 km/h fuhr und eine Kollision mit einem Fahrzeug, welches einen Spurwechsel nach links durchführte, nicht mehr vermeiden konnte, wurde dem Geschädigten eine Mitschuld von 25% angelastet.

Dass dies nicht pauschal und immer erfolgen kann, entschied das OLG Hamm (Beschluss v. 06.02.2018 – 7 U 39/17). Dort scherte der Unfallverursacher nach links aus, ohne zuvor zu gucken und vor allem zu blinken.

Der Geschädigte fuhr auf der linken Spur mit 150 km/h und konnte den Auffahrunfall daher nicht mehr verhindern.

Das OLG Hamm entschied, dass den Unfallverursacher hier ein so erhebliches Verschulden trifft, weil er unachtsam und ohne den rückwärtigen Verkehr zu beachten die Spur wechselte.

Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen: Was Sie wissen müssen

Die Richtgeschwindigkeit auf deutschen Autobahnen beträgt 130 km/h. Sie gilt für Pkw, Motorräder und Lkw bis 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht ohne Anhänger.

Wichtig: Die Richtgeschwindigkeit ist keine Höchstgeschwindigkeit. Das bedeutet, dass es kein Tempolimit auf deutschen Autobahnen gibt. Autofahrer dürfen also schneller als 130 km/h fahren, wenn die Verkehrslage dies zulässt.

Wann muss man sich an die Richtgeschwindigkeit halten?

An die Richtgeschwindigkeit halten muss man, wenn keine andere Geschwindigkeit durch Verkehrszeichen vorgegeben ist. Dies ist z. B. der Fall bei:

  • Schlechtwetter: Bei Regen, Schnee oder Nebel kann die Richtgeschwindigkeit auf 80 km/h oder 60 km/h herabgesetzt werden.
  • Unfallstelle: In der Nähe von Unfällen kann die Geschwindigkeit auf 100 km/h oder 80 km/h begrenzt sein.
  • Baustelle: In Baustellen gilt oft eine temporäre Geschwindigkeitsbegrenzung.
  • Umweltzonen: In Umweltzonen kann die Geschwindigkeit auf 30 km/h oder 50 km/h begrenzt sein.

Was sind die Folgen, wenn man die Richtgeschwindigkeit überschreitet?

Das Überschreiten der Richtgeschwindigkeit ist kein Bußgeldtatbestand. Dennoch kann es negative Folgen haben:

  • Mithaftung bei einem Unfall: Wenn man die Richtgeschwindigkeit deutlich überschritten hat und es zu einem Unfall kommt, kann man mitverantwortlich gemacht werden. Das bedeutet, dass man einen Teil des Schadens bezahlen muss.
  • Punkte in Flensburg: Bei besonders gravierenden Geschwindigkeitsüberschreitungen kann es zu Punkten in Flensburg kommen.

Fazit:

Die Richtgeschwindigkeit auf deutschen Autobahnen ist eine Empfehlung für die sichere und angemessene Fahrweise. An die Richtgeschwindigkeit halten muss man nur, wenn keine andere Geschwindigkeit durch Verkehrszeichen vorgegeben ist. Das Überschreiten der Richtgeschwindigkeit ist zwar kein Bußgeldtatbestand, kann aber dennoch negative Folgen haben.

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